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Arbeitszeiterfassung in Unternehmen: das sollten Sie wissen

Spätestens nach dem BAG-Urteil im September 2022 spielt die Arbeitszeiterfassung in Unternehmen eine bedeutende Rolle. Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer ist sie klar geregelt. In diesem Ratgeber erhalten Sie die relevantesten Informationen zum Thema und erfahren außerdem, wie Ihr Unternehmen die Regeln zur Zeiterfassung am besten umsetzen kann.

Arbeitszeiterfassung laut Definition: Was bedeutet das?

Arbeitszeiterfassung
Zum Thema Arbeitszeiterfassung gibt es in Unternehmen noch immer viele offene Fragen, Foto: elvtimemaster / Pixabay

Im Rahmen der Arbeitszeiterfassung messen Firmen und Unternehmen, wie lange und innerhalb welches Zeitraums Mitarbeitende ihren jeweiligen Tätigkeiten nachgehen. Bislang wurde nicht konkret vorgeschrieben, mit welchen Mitteln die Erfassung erfolgen muss. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die Stempeluhr für Unternehmen, die es heute in vielen modernen Ausführungen sowie als mobile App gibt. Dabei müssen laut Arbeitszeitgesetz verschiedene Regeln bei der Erfassung der Arbeitszeit eingehalten werden:

  • werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden, die nur in Ausnahmefällen auf 10 Stunden erhöht werden darf
  • Einhaltung von Ruhepausen, die mindestens 11 Stunden zwischen der täglichen Arbeit betragen
  • Durchführung einer mindestens 30 Minuten langen Pause nach 6 Stunden Arbeit und mindestens 45 Minuten Pause nach neunstündiger Tätigkeit

Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022

Mitte September des Jahres 2022 urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber, dass es auch in Deutschland ab sofort eine allgemeine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit geben soll. Für viele kam dieses Urteil überraschend. Zwar hatte es bereits im Jahr 2019 ein Grundsatzurteil gegeben, das die flächendeckende Zeiterfassungspflicht in Europa forderte. Überraschend war jedoch der Anlass der Verhandlung, bei dem es sich um die Forderung eines Initiativrechts des Betriebsrats dem Arbeitgeber gegenüber handelte.

Gefordert wurde, dass die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung vom Betriebsrat verlangt werden kann. Die Klage stammte vom Betriebsrat einer Wohneinrichtung im Raum Minden. Die zuständige Richterin lehnte das Initiativrecht jedoch ab und begründete Ihr Urteil damit, dass “schon jetzt eine allgemeine Pflicht zur Zeiterfassung bestehe.”  Konkret hieß es: “Wenn man das deutsche Arbeitsschutzgesetz mit der Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs auslegt, dann besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.”

Die Folgen des Urteils und ein erster Gesetzentwurf

Durch das Urteil zur Zeiterfassungspflicht haben sich unmittelbare und weitreichende Folgen ergeben, da es ab sofort und unabhängig vom konkreten Arbeitszeitmodell galt. Durch den Vorstoß des BAG haben sich für viele Unternehmen Ungewissheiten bei der praktischen Umsetzung ergeben, da es trotz des EuGH-Urteils im Jahr 2019 keine verbindlichen Vorgaben bezüglich der korrekten Zeiterfassung in Unternehmen gab.

Ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums im April 2023 gab schließlich erste Anhaltspunkte. Demnach sollen Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit noch am selben Arbeitstag erfasst werden. Dass die Zeiten korrekt dokumentiert werden, obliegt der Verantwortung des Arbeitgebers. Mitarbeiter erhielten mit diesem Urteil das Recht, all ihre aufgezeichneten Stunden einzusehen, wobei Ausnahmen möglich sind.

EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung in 2019

Als erstes Stechuhr-Urteil galt der Entscheid des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2019. Anlass war eine Klage der spanischen Gewerkschaft Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) gegen die Deutsche Bank SAE mit Sitz in Spanien. Der Klage wurde durch die Richter stattgegeben und sie entschieden, dass Unternehmen zukünftig alle Arbeitsstunden Ihrer Mitarbeitenden zu erfassen haben.

Während der EuGH nicht vorgibt, auf welche Art und Weise die Erfassung erfolgen muss, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Dabei stechen diese beiden Punkte heraus:

  • objektives, verlässliches und zugängliches System
  • detaillierte Umsetzung obliegt den Mitgliedsstaaten, wobei Besonderheiten wie Größe, Eigenheiten und Tätigkeitsbereiche der Unternehmen mit in das nationale Gesetz aufgenommen werden können

Das bedeutet unter anderem, dass die Umsetzung des Urteils zur Arbeitszeiterfassung nicht für alle Branchen gleichgeltend ist. Ausnahmen sind laut dem EuGH möglich.

Was möchte ich mit der Zeiterfassung in meinem Unternehmen erreichen?

Trotz der aufgeführten Vorgaben des EuGH steht es Unternehmen in einigen Bereichen frei, wie sie die Erfassung der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter konkret umsetzen. Zunächst sollten sich Unternehmen daher Ihr individuelles Ziel und den gewünschten Umfang der Zeiterfassung bewusst machen. Abhängig davon können Sie zwischen verschiedenen Punkten unterscheiden, die sich in folgende Stufen gliedern lassen:

  • Stufe 1: Sämtliche arbeitsrechtliche Anforderungen an das Zeiterfassungssystem erfüllen
  • Stufe 2: Mitarbeiterabrechnung direkt an die erfassten Arbeitszeiten koppeln
  • Stufe 3: erfasste Arbeitszeiten für Kundenaufträge bei Kunden abrechnen

Die Stufen sollten aufeinander aufbauend betrachtet und dementsprechend abgearbeitet werden.

Beliebte Modelle zur Arbeitszeiterfassung

Auch wenn eine elektronische Zeiterfassung grundsätzlich und laut dem Referentenentwurf anzustreben ist, heißt das nicht, dass es sich zwangsläufig um eine digitale Erfassung handeln muss. So stellt zum Beispiel auch die Arbeitszeiterfassung per Excel-Tabelle eine gängige Methode dar, die noch immer in vielen Betrieben Anwednung findet. Inzwischen bietet der Markt jedoch zahlreiche weitere Optionen, um die Erfassung komfortabel zu gestalten. So etwa die Arbeitszeiterfassung per App. Diese können auf dem Smartphone oder Tablet verwendet werden und ermöglichen eine flexible Erfassung der Arbeitszeit. Schon aufgrund der immer höheren Home-Office Quote, ist eine solche mobile Methode zur Arbeitszeiterfassung sinnvoll und auch Mitarbeitende im Außendienst profitieren davon. Alternativ kann die Erfassung natürlich auch online am Desktop-PC erfolgen.

Viele kleine Betriebe und spezielle Branchen, wie das Baugewerbe, nutzen auch heute noch eine manuelle Arbeitszeiterfassung, etwa per Handzettel. Rechtlich gesehen stellt dies eine Ausnahmeregelung dar. Weitere gängige Modelle zur Erfassung von Arbeitszeiten sind zum Beispiel die klassische Stempeluhr oder stationäre Systeme.

Das passende Zeiterfassungssystem auswählen

Bei der Auswahl des Zeiterfassungssystems für ein Unternehmen sollten neben den gesetzlichen Anforderungen auch die eigenen Präferenzen sowie die daraus resultierenden Gesamtkosten abgeglichen werden. So ist beispielsweise zu klären, ob eine in Frage kommende Software zur Arbeitszeiterfassung problemlos in die bestehende IT-Landschaft implementiert werden kann und ob sie von allen infrage kommenden Mitarbeitern gleichermaßen gut genutzt werden kann. Des Weiteren sollten Aspekte wie Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Flexibilität des Systems beachtet werden, um potentiellen Problemen vorzubeugen.

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