Der türkische Reisekonzern Anex Tour hat die traditionsreiche Marke „Neckermann Reisen“ übernommen. Das Unternehmen, dessen deutsche Tochtergesellschaft in Düsseldorf ansässig ist, habe die Markenrechte sowie diverse Internet-Domains aus der Insolvenzmasse der deutschen Thomas Cook erworben. Das teilte die für das Insolvenzverfahren zuständige Kanzlei hww mit. Durch den Verkauf sei es binnen weniger Monate gelungen, alle relevanten Vermögenswerte der deutschen Thomas Cook gewinnbringend zu veräußern.
Die Übernahme von Neckermann Reisen durch Anex Tour steht noch unter dem Vorbehalt einer wettbewerbsrechtlichen Kartellprüfung. Wie hoch der durch den Verkauf erzielte Erlös ausfiel, wurde nicht bekanntgegeben. Zuvor hatte Anex aus dem Nachlass der zahlungsunfähigen Thomas Cook bereits den Türkeispezialisten Öger Tours und den Last-Minute-Anbieter Bucher Reisen mit insgesamt 84 Mitarbeitern übernommen.
Das Familienunternehmen Anex Tour, das 1996 im türkischen Antalya gegründet wurde, beschäftigt weltweit rund 6.500 Mitarbeiter, die pro Jahr etwa vier Millionen Gäste betreuen. Seit 2016 ist die Anex Tour Deutschland als Pauschalreiseveranstalter von Düsseldorf aus tätig und verfügt über eigene Incomingagenturen, Hoteltransfers und Reiseleitungen. Der Reisekatalog für das Jahr 2020 bietet 500 ausgewählte Hotelanlagen in zwölf Destinationen an, weitere 700 Hotels sind online verfügbar.
Anex Tour unter Druck – Pläne für Neckermann Reisen noch unklar
„Mit dem erfahrenen Reiseveranstalter Anex, der im Besonderen im russischen Markt sehr stark ist, wird die Marke Neckermann sicher eine weiterhin starke Marktpräsenz erfahren“, kommentierte Thomas-Cook-Insolvenzverwalter Ottmar Hermann die Übernahme durch Anex. Allerdings bleiben Zweifel, wie zukunftsfähig der Deal ist.
Denn aus dem letzten Geschäftsbericht der Anex Tour GmbH geht hevor, dass das Unternehmen mit einer signifikanten Überschuldung zu kämpfen hat. So steht ein negatives Eigenkapital von über 43 Millionen Euro in den Büchern. Allein für das Geschäftsjahr 2017/18 war ein einen Fehlbetrag von 34 Millionen zu verzeichnen. Lediglich durch eine Patronatserklärung einer Mutterfirma in den Niederlanden war die Insolvenz abzuwenden, heißt es in dem Bericht.
Ursächlich für die herben Verluste seien falsch eingekaufte Urlaubskapazitäten gewesen, so das Management. Auch das missglückte Abenteuer mit der eigenen Airline namens Azur Air Germany, die im Oktober 2018 ihren Betrieb einstellen musste, belasten das Unternehmen.