Feminine und außergewöhnliche Designermode aus Indien, kunstvoll handgefertigt und aus nachhaltigem Material – das ist Bona Buni. Das neue Modelabel aus Düsseldorf wird mit einem Launch-Event am 19. September 2019 aus der Taufe gehoben. Gründerin ist Paushali Lass und bei ihrer Mission geht es um mehr als schöne Kleider.
Interview mit Paushali Lass, Gründerin des Modelabels Bona Buni
dw: Mode und Design – das ist Zeitgeist, Trend, Selbstverwirklichung und Freiheit. Für Sie ist es aber mehr. Wofür steht ihr Mode-Label?
Lass: Ich glaube, Mode hat die Kraft, viele Menschen auf sehr positive Weise zu erreichen. Ich habe mein Label Bona Buni vor allem aus der Fürsorge für Menschen, die in dieser Branche arbeiten, gegründet – um ihnen mehr Respekt und ein Ansehen in der Gesellschaft zu geben. Da ich ursprünglich aus Indien komme, wollte ich den Menschen von dort aus helfen.
Nicht nur in Indien, auf der ganzen Welt gehört die Mode-Industrie zu den Tätern, die unserem Planeten Schlimmes antun. Aber das muss nicht so sein. Dass Schadstoffe in der Kleidung höchst ungesund und schädlich sind, ist längst bekannt. Immer mehr Menschen achten daher auf Umweltfreundlichkeit und möchten natürliche Materialien. Und doch ist das Angebot von außergewöhnlicher Designermode sehr überschaubar.
Ich wollte daher ein Label gründen, das seine Produkte direkt von Designern bezieht, die den Handwerkern faire Arbeitsbedingungen bieten und der Nachhaltigkeit und dem Schutz unserer Umwelt verpflichtet sind.
dw: Selbst in der Modestadt Düsseldorf gibt es nur wenige Labels, die komplett nachhaltig produzieren – wenn überhaupt. Ist das der Grund, weshalb Sie hier Ihr Modelabel gegründet haben?
Lass: Das ist nicht nur in Düsseldorf eine bedauerliche Lücke. Nachhaltige Mode, das bedeutet, das unter fairen Arbeitsbedingungen nach dem Low- oder No-Waste-Prinzip hochwertige Materialien mit natürlichen oder AZO-freien Farbstoffen verarbeitet werden. Aber: Wer nachhaltig produzierte Kleidung möchte, der muss in vielen Fällen Abstriche machen in Sachen Design. Nachhaltige Mode muss nicht aussehen wie ein Jutesack mit Knöpfen. Ganz im Gegenteil. Jedes unserer Designerstücke ist aufwendig gestaltet und wird ohne den Einsatz toxischer Chemikalien hergestellt. Viele unserer Produkte sind sogar abfallfrei aus recyceltem Material. Jedes Stück folgt einem langsamen Produktionsplan, der sich auf Details konzentriert und indische Kunstformen wie regionalspezifische Stickerei-Stile bewahrt. Die Idee, ein solches Label zu gründen, habe ich schon lange mit mir herumgetragen. Nach meinen Auslandsaufenthalten von Schottland bis Singapur und mit fünf Kindern habe ich in Düsseldorf endlich die Unterstützung gefunden, meine Idee wahr werden zu lassen.
dw: Welche Art von Unterstützung meinen Sie?
Lass: Die Zeit war genau richtig, da meine Kinder „aus dem Gröbsten raus sind“, wie es so schön heißt, und ich habe hier viele wunderbare Menschen getroffen, die gerade zur richtigen Zeit in mein Leben kamen. Unter ihnen möchte ich auf jeden Fall das Gründermütter-Netzwerk erwähnen, über das ich einige sehr inspirierende Unternehmerinnen kennengelernt habe. Starke Frauen, die nicht nur ihr eigenes Unternehmen gegründet haben, sondern auch eine erstaunliche Hilfsbereitschaft zeigen. Wir helfen uns gegenseitig – „true women’s empowerment“. Ich konnte dort schnell Kontakt finden und bekam praktische Hilfe bei meiner Unternehmensgründung, etwa zu den Themen Recht, Steuern, Übersetzung, Coaching und so weiter.
Als Dozentin für Entreneurship und Internationales Marketing, also in der Zeit, bevor ich Mutter wurde, habe ich viel theoretisches Wissen erworben. Aber das in die Tat umzusetzen, ist eine andere Sache. Mit Hilfe der richtigen Leute in Düsseldorf wurde es ein reizvolles Abenteuer. Außerdem lernte ich mehrere internationale Unternehmerinnen kennen, die mich inspirieren und ermutigen. Und dann war da auch das positive Feedback und Engagement der IHK Düsseldorf bei der Gründung meines Modelabels Bona Buni. Den gesamte hochoffiziellen Prozess der Unternehmensgründung fand ich dort überraschend einfach und gut dokumentiert.
dw: Ihnen ist es auch ein persönliches Anliegen, dafür Sorge zu tragen, dass sich Designer und Produzenten in Indien fair und respektvoll behandelt fühlen. Wie gelingt Ihnen das?
Lass: Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich erzählen, warum es mir so wichtig ist. Ich bin selbst Mutter von fünf Kindern und kümmere mich sehr um ihr Wohlbefinden und ihre Bildung. Es bricht mir das Herz zu wissen, dass Kinder in ärmeren Gebieten Indiens oft gezwungen sind, zur Arbeit zu gehen, anstatt ihre Kindheit zu leben. Was wir hier als selbstverständlich betrachten, die Schulbildung, ist nichts, was Kinder in anderen Teilen der Welt erleben. Auch die Art und Weise, wie selbst Erwachsene behandelt werden, besonders wenn sie aus ärmeren Teilen der Gesellschaft kommen, ist für mich herzzerreißend. Deshalb habe ich das Gefühl: Wenn ich ihnen auch nur ein wenig helfen kann, bin ich glücklich.
Von ihrem Handwerk leben zu können, und zwar so gut, dass es der Familie gesundheitlich und finanziell gut geht – das ist eine enorme Chance auf ein besseres Leben für meine Leute in Indien. Jemandem wirtschaftlich zu helfen, indem man ihm eine Erwerbstätigkeit unter guten Arbeitsbedingungen anbietet, ist eine große Sache. Ich habe das Privileg, mit Designern zusammenzuarbeiten, die ihre Handwerker wirklich schätzen und respektieren. Und man merkt es dem fertigen Produkt an, dass es mit viel Hingabe und Sorgfalt hergestellt wurden – eben weil es nicht darum geht, möglichst viel und kürzester Zeit herzustellen.
Ich stehe in engem Kontakt mit jedem meiner Designer, Produzenten und allen, die am Werkstück arbeiten. Ich reise auch regelmäßig nach Indien, um sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen angemessen sind und dass ich eine persönliche Beziehung zu Designern und Handwerkern unterhalte. Das ist für jeden, der in einem Modeunternehmen arbeitet, das in der Massenproduktion tätig ist und eine intransparente Lieferkette hat, kaum möglich.
dw: Sie sind selbst in Kalkutta geboren, danach zog es Sie nach Neu-Delhi, Schottland, Münster, München, Düsseldorf und Singapur, bevor Sie schließlich zurück nach Düsseldorf kamen. Was ist der größere Vorteil: Ihre weltweiten Erfahrung aus dem internationalem Marketing oder dass Sie durch Ihre Wurzeln die Kultur, Sprache und Menschen Indiens kennen?
Lass: Ich weiß, wie Menschen in Indien arbeiten, kenne die kleinen Nuancen der Kultur, die nur Menschen aus dieser Kultur erkennen. Ich habe an verschiedenen Orten gelebt und Kontakt zu so vielen Kulturen gehabt, auch weil ich gerne verschiedene Arten von Menschen kennenlerne. Ob Designerin oder Näher, Kunsthandwerker oder Kundin: Menschen, ihre Geschichten, Kultur und Freuden finde ich faszinierend. Die Freude darüber ist mein Vorteil.
Das Interview führte Barbara Stromberg für dw