In der vergangenen Woche erschütterte eine Ankündigung aus Paris den Industriestandort Düsseldorf: der französische Stahlrohrkonzern Vallourec wird seine beiden verbliebenen Werke in Deutschland schließen. Neben Düsseldorf ist auch der Produktionsstandort in Mülheim an der Ruhr betroffen. Insgesamt verlieren rund 2.400 Beschäftigte ihre Jobs. Allein in Düsseldorf sind 1.650 Mitarbeitende betroffen. Wie das Unternehmen mitteilte, werde die Produktion bis Ende 2023 eingestellt werden. Betriebsrat und Gewerkschaft kündigten Proteste an. Derweil setzt sich Düsseldorfs Oberbürgermeister Keller gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Habeck für einen Erhalt der Werke ein.
Verkauf der Werke gescheitert
Der heutige Vallourec-Konzern war Ende der 1990er Jahre aus deinem Joint-Venture mit der Mannesmannröhren-Werke AG entstanden und gilt seither als weltweiter Marktführer für nahtlose, warmgewalzte Stahlrohre. Zu den Kunden zählen Unternehmen aus der Öl- und Gasindustire sowie aus dem Maschinen- und Anlagenbau. In Anbetracht der aktuellen Nachfrage in diesen Branchen, könnte man davon ausgehen, dass die Vallourec-Produkte stark nachgefragt wären. Jedoch hatte das Unternehmen in den vergangenen Jahren anhaltend hohe Verluste eingefahren. Gründe dafür waren weltweite Überkapazitäten, massiv gestiegene Material- und Energiepreise, die Auswirkungen der Corona-Krise sowie weitere wirtschaftliche Unwägbarkeiten wie Strafzölle in China oder zuletzt der russische Angriffskireg gegen die Ukraine.
Keine nachhaltige Zukunftssicherung möglich
Im Jahr 2020 war bereits das zweite Vallourec-Werk in Düsseldorf-Reisholz geschlossen worden. Für die beiden verbliebenen Werke hatte das Unternehmen seit Ende vergangenen Jahres einen Käufer gesucht. Diese Bemühungen scheiterten jedoch, da nach Unternehmensangaben „keine nachhaltige Zukunftssicherung der Produktionsstandorte“ möglich gewesen wäre. Die Alternative lautet nun Schließung, weil eine wirtschaftliche Produktion in Deutschland nicht mehr möglich sei, so Vallourec-Chef Philippe Guillemot. Andernfalls wäre laut dem Vorstandschef mittelfristig die Weiterexistenz der gesamten Vallourec-Gruppe gefährdet.
Vallourec sucht „faire und anständige Lösung“ für Belegschaften
Nun sei man bemüht, die Auswirkungen der Werksschließungen so stark abzumildern wie es angesichts der Gesamtsituation möglich sei. Dementsprechend sind Gespärche mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall angelaufen, die zu seinem tragfähirger Sozialplan führen sollen. Man bemühe sich, für die Mitarbeitenden, die eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren aufweisen, eine „faire und anständige Lösung“ zu finden, so Guillemot.
Betriebsrat und Gewerkschaft kündigen Proteste an
Einen Tag nach der Bekanntgabe der Schließungspläne lud der Betriebsrat die Belegschaft zu einer Informationsveranstaltung auf dem Werksgelände in Düsseldorf ein. Laut IG Metall nahmen daran rund 1.000 Beschäftigte teil. Im Rahmen der Veranstaltung wurden von Arbeitnehmerseite Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Verkaufsversuche laut: „Der Verkaufsprozess war eine Farce und wir bezweifeln, dass das vorgelegte Fortführungskonzept überhaupt bis ins Detail geprüft worden ist“, so Karsten Kaus, Geschäftsführer der IG Metall Düsseldorf-Neuss.
Die Arbeitnehmervertreter hatten gemeinsam mit einer Unternehmensberatung auf eigene Initiative ein Fortführungskonzept entwickelt, das mit neuen Produkten eine Zukunftsperspektive schaffen sollte. Das Ergebnis: trotz der angespannten Marktlage könne man die Produktion auf den Bedarf im Bereich der erneuerbaren Energien umstellen und ohne Probleme verschiedene Produkte dafür herstellen. Ebenso Teile für den Brückenbau.
Durch Vallourec-Schließung geht eine Ära zuende
Mit der Schließung des Produktionsstandortes Düsseldorf geht eine Ära zuende. Das tradionsreiche Werk im nördlichen Stadtteil Rath, dass einst zur Mannesmannröhren-Werke AG gehört hatte, bestand seit 1899 und hat den Industirestandort Düsseldorf geprägt. Mit ihm verschwindet einer der letzten Industrieriesen aus der Landeshautstadt.
Entsprechend äußerte sich auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: „Die Entscheidung aus der Pariser Konzernzentrale macht uns tief betroffen. Wir denken in diesen Stunden an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an die traditionsreiche Verbindung zwischen Düsseldorf und Vallourec und an die vielen Jahre guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Diese Entscheidung stellt für die Menschen und für die Stadt als Industriestandort eine Zäsur dar. Wir werden weiterhin mit Vallourec im engen Austausch stehen und nach Kräften das Unternehmen, besonders aber die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf diesem schwierigen Weg begleiten.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schaltet sich ein
Keller steht zudem im Austausch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der inzwischen ankündigte, sich für den Erhalt des Standortes in Düsseldorf einzusetzen. Durch das Ministerium sollen Möglichkeiten für eine Fortführung der Produktion geprüft werden. Die in Düsseldorf gefertigten nahtlosen Stahlrohre könnten nicht nur für Heiz- und Kühlwassersysteme oder Photovoltaikanlagen genutzt werden, sodern auch als ideales Transportmittel für den grünen Energieträger Wasserstoff dienen.